20. Februar 10


Rafft es Westerwelle demnächst politisch dahin? Wegen eines bisschen absoluten politischen Versagens?

Ich würde nicht darauf wetten. Und dennoch demontiert er sich gerade genüsslich selbst. Man kann sich das kaum mit ansehen.

Es gäbe vieles zu sagen über seine aktuellen polemischen Nebelkerzen, die einigermaßen dumm sind. Ich möchte das an dieser Stelle allerdings nicht tun, sondern auf einen der Ausgangspunkte von Westerwelles Misere hinweisen: Er hätte niemals Außenminister werden dürfen.

Schauen wir uns seine beiden Optionen nach der Wahl genauer an. Zunächst das Außenamt:

pro
  • traditionell zweitwichtigster Posten in Regierung
  • ungefährlicher Posten, da deutsche Außenpolitik (außer Afghanistan) in Öffentlichkeit kaum diskutiert
  • umgeben von Aura: staatsmännisch, weltbürgerlich
  • FDP-Tradition
kontra
  • bereits zwei hoch profilierte Außenpolitiker in der Regierung: Merkel und KTG
  • Außenamt hat in den letzten zwei Jahrzehnten schrittweise enorm an Bedeutung verloren - relevante Außenpolitik ist spätestens seit G8 Sache des Kanzleramts
  • Trotz FDP-Tradition im AA liegt der Kern der FDP-Identität in der Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik - damit hat das Auswärtige Amt am allerwenigsten zu tun

Zum Finanzministerium:

pro
  • größte innenpolitische Macht aller Ministerien
  • wichtigste Schaltstelle für zentrale FDP-Forderungen (insb. Steuerpolitik)
  • weniger Auslandsreisen, dadurch mehr Präsenz in Berlin
  • hätte Merkel in ihrem Personalkalkül überrascht und dadurch geschwächt
kontra
  • Aura des Buh-Manns und Kassenwarts
  • Bruch mit FDP-Tradition

Ich glaube tatsächlich, dass die Besetzung des Finanzministeriums durch Westerwelle ein genialer Coup gewesen wäre. Er hatte die freie Postenwahl - zur Not hätte er einen der anderen FDP-Posten opfern können, wobei die Wahl leicht auf den Hanebüchenen Heidelberger gefallen wäre.

Aber Westerwelle hatte nicht den Mumm, mit der Tradition zu brechen. Er wollte die Aura des bewunderten Außenministers, er, der so lange gewartet hat. Nur: gegen Merkel und KTG hat er auf diesem Gebiet keine Chance. Als Finanzminister und Vizekanzler hingegen hätte er wichtige Teile des FDP-Programms effektiv durchziehen können. An ihm ginge nichts vorbei. Es wäre mutig und clever gewesen. Er hätte nach und nach an Profil gewonnen. Es kam anders.